Christiane Fuchs, vielleicht die sensibelste und vorsichtigste Vertreterin der Wasserfarbenmalerei in dieser Ausstellung, erforscht die Bildfläche wie ein Minenfeld. Während in ihren Ölgemälden die Farbe recht selbstbewusst auftritt, lässt die Künstlerin die Wasserfarben das Papier eher wie zögernde Schauspieler berühren. Kaum wagen diese ihre Bühne zu betreten, wie scheue Mimen tasten sie sich durch den Bildvorhang. Selbst wo sie als Gruppe auftreten, bleiben sie doch vereinzelt und überlassen meist der Leere den Hauptteil der Inszenierung. Aber so wie in Samuel Becketts Theaterstück Warten auf Godot Estragon und Wladimir aufgrund der Abwesenheit Godots zu Hauptfiguren werden, können sich die Farben in den Werken von Christiane Fuchs in ihrer existentiellen Bedeutsamkeit entfalten – existentiell wieder in einem durchaus materialistischen und weniger psychologischen Sinne: Ohne ihre Zurückhaltung, ohne ihre mal lakonische, mal fast auftrumpfende Selbstbehauptung gegenüber dem Weiss des Papiers könnte dieses nicht erscheinen, wäre bedeutungslos, reizlos und letztlich nicht existent. Fuchs berührt damit jene Grenze, an der ein Bild gerade aufgrund seiner Bescheidenheit Dramatik erzeugt, und das Strich für Strich. – Roland Scotti